23. Dezember 2024 Timo Hörske - persönlicher Blog

Das zähe Bemühen um eine neue Bundesregierung

Nun gibt es seit gestern ein Sondierungspapier. Eine Verabredung zwischen SPD, CDU und CSU auf 28 Seiten. Die Begeisterung über das Ergebnis der 4 tägigen Verhandlungen sind umstritten und werden sehr unterschiedlich bewertet. Ich habe mir persönlich einen Eindruck verschafft. Aber der Reihe nach…

Wie alles begann?

Bereits am 24. September des letzten Jahres wurde in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. In der Regel beginnen nach solch einer Wahl kurze ein- bis zweitägige Sondierungsgespräche zwischen den Parteien, die gemeinsam eine Mehrheit hätten. In solchen Gesprächen soll ausgelotet werden, ob man inhaltlich voraussichtlich eine zufriedenstellende gemeinsame Grundlage hätte, um die kommenden Jahre in einer Koalition zusammenzuarbeiten, eine gemeinsame Regierung zu bestimmen und zu wählen.

Fällt das Ergebnis der Sondierungen positiv aus, so beginnen im Anschluss reguläre Koalitionsverhandlungen, in denen Projekte und Vorhaben für die Dauer der gemeinsamen Koalitionsarbeit konkret ausformuliert und vereinbart werden. Sobald eine solche Vereinbarung vorliegt und von allen beteiligten Parteien abgesegnet wurde, wählen die Abgeordneten des Bundestages im Anschluss eine neue Regierung.

So ist es normalerweise. Diesmal dauert in Deutschland all das ein bißchen länger.

Die Christdemokraten (CDU / CSU) erreichten bei der Wahl das stärkste Ergebnis aller Parteien und interpretierten dies als Auftrag, sich nach Partnern für eine Regierungsbildung umzusehen. Rein rechnerisch ergaben sich am Wahlabend vor allem zwei mögliche Konstellationen, die denkbar schienen: die Große Koalition (GroKo) aus SPD und Christdemokraten oder die so genannte Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen.

Bereits am Abend des 24. September erklärten führende Politiker der Sozialdemokraten wie Kanzlerkandidat Schulz, keine erneute Große Koalition bilden zu wollen. Diese gab es in Deutschland seit 2005 und die SPD erklärte sich und ihren Wählern ihr schlechtes Abschneiden unter anderem damit, dass sie in der GroKo in der Außenwahrnehmung zu blass geblieben sei und viele ihrer Projekte nicht durchsetzen konnte.

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Einmal Jamaika und zurück

So gab es direkt nach der Wahl vorerst lediglich Sondierungen zwischen CDU, FDP und Grünen, um die inhaltlichen Schnittmengen für ein mögliches Jamaika-Bündnis auszuloten. Da diese Konstellation eine eher ungewöhnliche ist, wurden die Sondierungen mit Spannung durch die Presse begleitet und hatten einen für Sondierungsgespräche ungewöhnlichen Grad an inhaltlicher Tiefe, da alle drei beteiligten Parteien sehr gründlich ausloten wollten, ob die gemeinsame programmatische Schnittmenge für alle ausreichend sein könnte, um hinterher Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.

Über einen Monat lang trafen sich die Verhandlungsteams von Christdemokraten, Liberalen und Grünen im Oktober und November fast täglich, eine Ergebnisverkündung der Sondierungsgespräche wurde mehrfach verschoben.

Am 20. November dann das Ende der Gespräche: FDP-Chef Christian Lindner erklärte, seine Partei sähe für eine Zusammenarbeit in den nächsten vier Jahren keine ausreichende inhaltliche Grundlage, die Sondierungen für Jamaika seien gescheitert.

Steinmeier musste ran

In der Folge wurden verschiedene Szenarien diskutiert, wie es nun weitergehen könnte: Neuwahlen, doch noch eine Groko oder eine Minderheitsregierung, in der für jedes einzelne inhaltliche Projekt neue parlamentarische Mehrheiten gefunden werden müssten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte schnell, er halte eine solche Minderheitsregierung für keine gute Lösung. Politik könnte dadurch sehr träge werden, wichtige Entscheidungen könnten sehr lange dauern oder würden möglicherweise nie getroffen.

Steinmeier bat daher die Spitzen von Sozial- und Christdemokraten zum Gespräch zu sich und war dabei mit seinem Anliegen offenbar erfolgreich: er überzeugte beide Parteien davon, über eine erneute GroKo doch wenigstens in Sondierungen zu reden.

Nun ist die SPD gefragt

Auch der SPD-Parteitag stimmte dem nach einer hitzigen Debatte Anfang Dezember zu, sprach sich allerdings dafür aus, wichtige inhaltliche Ziele der Partei dabei durchzusetzen, um in einer Koalitions-Zusammenarbeit mit dem eigenen Profil künftig sichtbarer zu sein, als in der Vergangenheit.

Daraufhin begannen Sondierungsgespräche zwischen Sozial- und Christdemokraten. Deren Ergebnis wurde schließlich am Freitag, den 12. Januar in Form eines 28-seitigen Papieres veröffentlicht, für das die Parteichefs Merkel und Schulz derzeit in ihren Reihen um Zustimmung werben. Speziell von den Jungsozialisten (Jusos) kommt starke Kritik an dem Papier, da es aus ihrer Sicht zu wenig sozialdemokratische Schwerpunkte enthält. Ob in Folge der Sondierungen nun Koalitionsgespräche aufgenommen werden, darüber wird bei den Sozialdemokraten ein Parteitag am 21. Januar in Bonn entscheiden. Zu einem möglichen Koalitionsvertrag ist dann ein Mitgliederentscheid geplant.

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Übrigens

Die “alte” Bundesregierung mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin ist übrigens seit der Wahl im September kommissarisch im Amt und wird es bleiben bis der Bundestag eine neue Regierung wählt. Man darf gespannt sein, wann das passiert.

Ach ja mein Standpunkt zum Sondierungsergebnis: Richtige Ansätze, aber wie ich finde lange nicht genug. Wir haben in der letzten Legislaturperiode gesehen, wieviel ein Koalitionspapier für die Union wert ist. Da müsste schon vorher mehr zu gesichert werden. Wenn es zu einer Koalitionsvereinbarung kommt und ich zustimmen soll als Mitglied, dann muss noch sehr viel nachgebessert werden.

Die Ergebnisse kann man hier nachlesen.

Off-Topic

Nach einer Textanalyse ist dieser Text zu 52% subjektiv, die wichtigsten Worte sind: 24. September, Sondierung, Jamaika, SPD, CSU, Wahl, Christdemokraten

Ein Computer würde diesen Text der Kategorie Politik zu ordnen.

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