Die Millennium- Reihe um Lisbeth Salander und Mikael Blomquist zählt zu den großen Werken unserer Zeit. Leider verstarb der begnadete Autor Stieg Larsson (Karl Stig-Erland Larsson) zu früh. Er hinterließ die ersten drei von zehn geplanten Bücher der Reihe.
Die Millennium- Trilogie
Die Millennium- Trilogie erschien posthum unter den Titeln „Män som hatar kvinnor“ („Männer, die Frauen hassen“, 2005; dt. “Verblendung“), „Flickan som lekte med elden“ („Das Mädchen, das mit dem Feuer spielte“, 2006; dt. „Verdammnis“) und „Luftslottet som sprängdes“ („Das Luftschloss, das gesprengt wurde“, 2007; dt. „Vergebung“).
Alle drei Bücher der „Millennium-Trilogie“ sind internationale Erfolge. Benannt wurde die Reihe nach der in den Romanen vorkommenden, von investigativen Journalismus geprägten, Zeitschrift „Millennium“. Insgesamt wurden weltweit bislang 63 Millionen Exemplaren verkauft.
Der vierte Teil war von Stieg Larsson fast fertig gestellt worden. Die Erben hatten sich entschieden, im Sinne des verstorbenen Autors, den Roman nicht zu Ende schreiben zu lassen.
Große Fußstapfen
David Lagercrantz, schwedischer Autor, geboren 1962, hat sich vorgenommen in die großen Fußstapfen von Larsson zu treten. Unabhängig von den hinterlassenen Skripten und Anmerkungen, aber dennoch mit der Zustimmung der Hinterbliebenen, hat sich Lagercrantz vorgenommen die Millennium-Reihe fortzusetzen.
Mittlerweile habe ich den zweiten Roman der Reihe, der von David Lagercrantz geschrieben wurde, zu Ende gelesen. Der somit fünfte Teil der Millennium- Geschichte mit dem Titel „Verfolgung“ im Original: „Mannen som sökte sin skugga“ erschien 2017.
Aus dem Inhalt
Die Hochintelligente, aber im Umgang mit anderen Menschen flatterhafte Salander begibt sich nach den Ereignissen des 4. Bandes für zwei Monate ins Gefängnis. Lisbeth gedenkt die Strafe ohne Widerspruch abzusitzen. Angestachelt durch die Erlebnisse wird sie bedroht und sitzt im Sicherheitstrakt B des Frauengefängnisses Flodberga ein. Mit ihr sind, im Gegensatz zu Salander, schwerkriminelle Frauen eingesperrt. Lisbeth ist es egal, solange es ihr erlaubt ist sich mit Quantenmechanik und Relativitätstheorie zu beschäftigen.
Lisbeth Salander
Weniger egal ist es ihr, dass in einer Nachbarzelle Faria Kazi jeden Abend von Beatrice „Benito“ Anderson und deren Freundinnen misshandelt wird. Der ausgeprägte Gerechtigkeitssinn von Salander vermag es nicht damit umgehen, dass alle wegschauen, Mitgefangene genauso wie das Wachpersonal. Irgendwann wird ihr alles zu viel und sie gibt dem Leiter der Sicherheitsabteilung Alvar Olsen fünf Tage Zeit, die Missstände im Sicherheitstrakt zu beenden. Kommt Olsen der Aufforderung nicht nach, erledigt sie diese Missstände selbst und beabsichtige sich Benito ohne fremde Hilfe vorzuknöpfen. Der Leiter erweist in den Augen von Salander als unfähig und sie nimmt sich der Situation an. Lisbeth hat folglich eine neue Erzfeindin.
Holger Palmgren
Der Anwalt Holger Palmgren, Lisbeth früherer Vormund, erscheint wieder auf der Bildfläche. Er bekam von der ehemaligen Sekretärin der Kinderpsychiatrie des Sankt-Stefans-Krankenhauses, Maj-Britt Torell, die gesammelten Unterlagen zu Lisbeths dortigem Aufenthalt. Dem wachen Geist von Palmgren entgehen dabei nicht die Hinweise auf Mitarbeiter des Registers für menschliche Eugenik und Erblehre in Uppsala. Seit Lisbeths Kindheit interessiert sich das Register für sie und ihre Zwillingsschwester Camilla. Nach zahlreichen Test hielten die Mitarbeiter des Registers, sie aber für ungeeignet an dem Projekt 9 teilzunehmen.
Das Register
Davon erfährt Lisbeth durch Palmgren und wird wissbegierig. Wie es ihre Natur ist fängt Salander mit Nachforschungen zu den Hintergründen an. Unter anderem gelangt eine Namensliste in ihre Finger. Die Gefängnismauern beschränken sie in ihren Ermittlungen und sie setzt Mikael Blomquist auf den Fall an.
Er solle nach Leo Mannheimer suchen, ein hochbegabter Investmentbanker aus guter Familie, der auf den ersten Blick unbescholten wirkt. Was Mikael tiefer zu graben veranlasst. Holger Palmgren selbst durchforstet ebenfalls nochmals die Unterlagen, findet dort den Namen eines alten Freundes, Professor Martin Steinberg, und ruft diesen an, um nach dessen Aufgabe beim Register zu fragen. Ein schwerwiegender Fehler, wie sich herausstellen wird. Die unerwarteten Folgen treffen alle Beteiligten.
Aber was wollte das Register von Kindern, wie Lisbeth und ihrer Schwester? Was hat es mit dem Projekt 9 auf sich? Diese Fragen müsst ihr selber beantworten, indem ihr den Roman lest.
Mein Kommentar
David Lagercrantz gelingt es mit seinem neuen Roman „Verfolgung“ die Geschichte der Millennium- Reihe und dem vierten Band „Verschwörung“ rund um Salander, Blomquist und Palmgren erfolgreich fortzusetzen. Natürlich ist er nicht Stieg Larrson und seine Figurenentwicklung bleibt flacher als in den ursprünglichen Romanen der Serie. Dies darf man ihm nicht zum Vorwurf machen. Es sind nicht seine Figuren und er hat keine andere Wahl als diese mit dem, was jeder Leser selber erlesen kann, weiterzuentwickeln.
„Verfolgung“ bietet einen spannenden und unterhaltsamen Thriller. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, den Stoff zu lesen. Als störend habe ich die ständigen Cliffhanger, auch innerhalb der einzelnen Kapitel empfunden. Von diesem übertriebenen Einsatz des Stilmittels abgesehen, ist das Buch eine Leseempfehlung wert.
Die Frage, die offenbleibt: Kann man „Verfolgung“ als eigenständigen Roman lesen? Ja mit Abstrichen, ich würde euch empfehlen, die Inhalte der Vorgänger anzulesen, da häufig auf vorherige Ereignisse und Personen hingewiesen wird. Verständlich bleibt die Kerngeschichte ohne Vorkenntnisse, die Tiefe geht aber ohne die vorangegangen Bände verloren.
Als eingefleischter Larsson-Fans werden ich mit diesem Nachfolger glücklich.
Bildquellen
- Rezension „Verfolgung“ von David Lagercrantz: Cover - Verlag Heyne