Seit ungefähr sieben Wochen, solange ist die letzte Bundestagswahl nun schon her, verhandeln die vier Parteien CDU, CSU, Grüne und FDP miteinander. Wohl gemerkt innerhalb von Sondierungsgesprächen, noch nicht in Koalitionsverhandlungen. Dies heizt manche Spekulationen über Neuwahlen nicht nur in Berlin an. Der Weg dorthin wäre umständlich und noch sehr unwahrscheinlich.
Die Jamaika-Parteien könnten theoretisch so lange verhandeln, wie es nötig erscheint. Realistisch ist irgendwann ein Ende erreicht, egal ob erfolgreich oder eben nicht. Seit einiger Zeit geistert aber der Begriff Neuwahlen durch das politische Berlin.
Die Frage, die sich stellt, ist ob und wie Neuwahlen zum aktuellen Zeitpunkt möglich wären.
Was passiert, wenn sich Jamaika nicht auf eine Koalition einigen kann?
Ganz unabhängig von Sondierungsgesprächen oder Koalitionsverhandlungen, der parlamentarische Betrieb geht weiter nach den festen Vorgaben unseres Grundgesetzes. Der Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, muss und wird jemanden für das Amt des Bundeskanzlers vorschlagen.
Im Bundestag können die gewählten Abgeordneten diese Person dann wählen oder auch nicht. Um gewählt zu werden braucht die, vom Bundespräsidenten vorgeschlagene, Person im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit aller Stimmen, um Kanzler(-in) der Bundesrepublik Deutschland zu werden.
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Scheitern die Koalitionsverhandlungen recht es wohl kaum zu einer absoluten Mehrheit. Was passiert dann?
Nach den Regeln, die im Grundgesetz verankert sind, hat der Deutsche Bundestag anschließend zwei Wochen Zeit, um gegebenenfalls eine andere Person zu wählen. Auch im 2. Wahlgang gilt: mit absoluter Mehrheit.
Kommt diese auch „Kanzlermehrheit“ genannt, nicht zustande, folgt eine dritte und letzte Abstimmung. Kanzler oder Kanzlerin wird dann derjenige, der die einfache Mehrheit erreicht.
Steht Deutschland dann möglicherweise vor der Führung durch eine Minderheitsregierung ?
Der beschriebene Weg wäre der Normalfall, wenn sich keine Mehrheit für eine Regierungskoalition findet. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Der Bundespräsident müsste nämlich entscheiden, ob er den vom Bundestag gewählten Kandidaten innerhalb von sieben Tagen zum Bundeskanzler ernennt und eine Minderheitsregierung duldet – oder ob er lieber den Bundestag auflöst. Erst dann gäbe es tatsächlich die viel diskutierten Neuwahlen.
Der formal beschriebene Weg ist relativ umständlich und zum Teil auch schwer nachvollziehbar, aber von den Gründungsväter- und Müttern unserer Verfassung so festgelegt. Warum kann die Bundeskanzlerin nicht einfach die Vertrauensfrage stellen? Genutzt und “absichtlich” verloren wurde diese Möglichkeit bereits von Willy Brandt ((1972)), Helmut Kohl ((1982)) und Gerhard Schröder ((2005)).
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel ((CDU)) hat diese Möglichkeit nicht, denn sie ist nur noch geschäftsführend im Amt. Sie ist per Definition bisher nicht mehr die Kanzlerin des 19. Deutschen Bundestages, denn die Abgeordneten haben sie ja noch nie gewählt.
Weitere Informationen
Art. 63 Grundgesetz regelt die Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
Mehr zum Grundgesetz und zum Bundespräsidenten.