Heute jährt sich zum siebzigsten Mal die Möglichkeit der deutschen Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik frei wählen zu dürfen. Am 20.01.1946 gab es die ersten Wahlen nach dem zweiten Weltkrieg.
Es waren die ersten Wahlen zu den Landtagen und den Kommunalwahlen der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland. Dies waren gleichzeitig auch die ersten freien Wahlen auf deutschem Boden seit der Reichstagswahl am 6. November 1932.
Zum Grundsatz der freien Wahl gehört das Recht, im Rahmen der verfassungsgemäßen Wahlgesetze frei zu kandidieren und Kandidaten zu unterstützen sowie die eigene Stimme ungehindert und ohne äußeren Zwang abgeben zu können. Die freie Wahl ist in Deutschland in Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 sowie in Artikel 38 Abs. 1 des Grundgesetzes festgeschrieben:
„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Das Recht auf freie Wahlen findet sich auch in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschrechtskonvention, EMRK). Dort heißt es in Artikel 3 des 1. Protokolls:
„Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten.“
Frei im Sinne des aktiven Wahlrechts wird eine Wahl dann bezeichnet, wenn jeder Wähler seine Stimme selbst unbeeinflusst, ohne Zwang und unmanipuliert abgeben kann.
Die Freiheit im passiven Wahlrecht ist die Freiheit der Kandidaten und Parteien, zu einer Wahl anzutretenund für sich vorurteilsfrei und ohne individuelle Einschränkungen Wahlkampf betreiben zu können. Im Umkehrschluß ist es daher mit dem Prinzip der freien Wahl unvereinbar, wenn z. B. das Aufstellen von Wahlplakaten für einzelne Parteien verboten wird ((BVerfGE 14, 121 (131/32))).
Ein weiteres Prinzip der freien Wahl gehört die Neutralitätspflicht der Regierung und der mit der Wahl betreuten Beamten vor der Wahl z.B. darf die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung nicht dem Wahlkampf dienen. Die Abgrenzung von Öffentlichkeitsarbeit und Werbung ist in der Sache schwierig, es kommt zu diesem Thema zwangsläufig häufiger zu Konflikten und gerichtlicher Auseinandersetzung. Höchstrichterlich vom Bundesverwaltungsgericht entschieden gilt auch das Verschweigen von wesentlichen Sachverhalten durch Wahlbeamte als Verstoß gegen das Prinzip der Freiheit der Wahl ((Siehe hierzu auch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Reinhard Wolters.)).
Das wir in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl unsere Volksvertreter bestimmen dürfen wird oft wenig gewertschätzt. Dies zeigt sich für mich in geringer Wahlbeteiligung und ist Ausdruck ein stetig wachsenden Politikverdrossenheit. Doch gerade unser Grundrecht zur freien Wahl ist grundsätzlichster Ausdruck unseres normativen gesellschaftlichen Demokratieverständnisses. Für diese Möglichkeit gehen viele andere Völker auf die Straße um eben dieses Recht einzufordern, welches wir so oft vernachlässigen und für selbstverständlich erachten. Ich finde wir müssen nicht lange in unserer Geschichte zurückschauen um uns daran zu erinnern, welche Anstrengungen, welches Leid nötig war um zu verstehen wie wichtig alle einzelnen Prinzipien unserer Demokratie sind.